Helge Gernhardt über digitale Quartiersentwicklung im Projekt Heidestrasse
Als „Leiter Digitalisierung“ im Quartier Heidestrasse kommt Ihnen eine starke Vermittlerrolle im Projekt zu. Was ist das Besondere an Ihrem Job?
HG: Viele unserer Partner bringen unterschiedliche Digitallösungen mit ins Quartier, die man so aus traditionellen Bauvorhaben nicht kennt. Ein Fenster wird schon ziemlich lange in ein Gebäude eingebaut, eine Kameraerkennung für Nummernschilder hingegen noch nicht so lange. Ich achte darauf, dass in dem getakteten Bauablauf diese Themen miteinfließen. Technologie ist letztlich zunächst einmal ein Kabel von A nach B zu legen, entweder mit einer Kamera vorne drauf oder einem Sensor. Das ist nicht schwer. Schwieriger ist es, das Thema auch in den Köpfen zu verankern, Überzeugungsarbeit zu leisten und die Prozesse entsprechend anzupassen.
Welchen Herausforderungen begegnen Sie dabei?
HG: Der Kabelzug selbst ist keine Herausforderung. Die Herausforderung ist alles, was danach kommt: Menschen davon zu überzeugen ihre Gewohnheiten, ihre erlernten Denkmuster zu hinterfragen und Themen neu zu denken. Und im gleichen Zug Vertrauen schaffen, dass es auch anders geht. Deswegen ist es so wichtig, das Thema immer wieder auf die Agenda zu bringen und die Leute mitzunehmen. Die projektspezifische Herausforderung ist, dass das Projekt so groß ist. Wir haben allein auf der Bauherrnseite fünf Projektteams. Hier den Überblick zu behalten und das Wissen quer zu verteilen ist ebenso wichtig.
Welche Motivation steckt hinter dem Ziel, das Quartier Heidestrasse zu einem digitalen Quartier zu machen?
HG: Wir sprechen hier von “future ready”. Das heißt, wir versuchen die Struktur des Gebäudes so aufzusetzen, dass man auf künftige technologische Entwicklungen eingehen kann und nicht bei Bauschluss bereits von der Technologie abgehängt ist. Aus diesem Grund nehmen wir jetzt schon einige neuartige Themen auf und schaffen Strukturen, die Platz für weitere Neuerungen lassen. Bei uns verfügt beispielsweise jedes Gebäude über einen Serverraum, in dem alle Digitalisierungsthemen zusammenlaufen. Schließlich steckt bei allen Lösungen immer ein Rechner dahinter und diese müssen ebenfalls untergebracht werden.
Was bedeutet “future ready” konkret für ein Projekt wie das Quartier Heidestrasse?
HG: Bisher gibt es in Deutschland einzelne Gebäude, die einzelne Speerspitzen auf gewissen Gebieten darstellen. Im Quartier Heidestrasse digitalisieren wir nicht nur ein Haus, sondern einige Häuser am Stück. Das Spannende am Quartier ist, dass so viele Nutzungsarten verbunden werden. Wir haben hier ein Hotel, eine Kita, über 900 Wohnungen, Büroflächen für bis zu 10.000 Menschen. Wir haben Atelierflächen, einen großen Supermarkt, Drogerie, Apotheke, voraussichtlich einen Kiosk. Auch eine Eisdiele soll es geben. Jede Nutzungsart steckt im Quartier drin und jede Nutzungsart hat einen anderen Anspruch an Digitalisierung. Unser Ziel ist es, diese Tiefe an unterschiedlichen Nutzungsarten und den Anspruch überall in Digitalisierungsthemen weit vorne dabei zu sein in einer Plattform zu verbinden. Diese Dichte an Innovationsthemen in einem Quartier findet man sehr selten.